Nach einem Suizid

Im französischen Burgund findet sich auf einer Anhöhe die berühmte romanische Basilika
Sainte-Marie-Madeleine in Vézelay. Seit Jahrhunderten ist sie ein besonderer Anziehungspunkt für Touristen, aber auch für die Jakobspilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela.

In dieser Kirche findet sich eine außergewöhnliche Darstellung an einem Kapitell:
Zu sehen ist eine Szene aus dem Matthäus-Evangelium1, in der der Evangelist von Judas erzählt, der nach der Verhaftung Jesu mit seiner Schuld nicht mehr zurechtkommt und sich erhängt.

Auf dem Kapitell sieht man nun tatsächlich den erhängten Judas. Diese drastische Darstellung ist an sich schon ungewöhnlich für eine Kirche. Schaut man nun genauer hin und nimmt das ganze Bild in den Blick, stellt man fest, dass daneben Jesus als guter Hirte dargestellt ist. Er trägt jedoch nicht das verlorene Schaf, sondern den verstorbenen Judas.

Der Betrachter erkennt:

Die Gleichsetzung von Judas mit dem verlorenen Schaf, für das der gute Hirte die 99 anderen Schafe zurücklässt², um es zu retten, enthält die Botschaft von der Erlösung wirklich aller Menschen durch Jesus Christus.

 

Darauf können wir uns als Christen verlassen.

 

 

1 vgl. Mt 27,5
² vgl. Mt 18,12-13; Lk 15,4-7